Ein konkretes Beispiel - Sauerstoffversorgung beim Frosch

Die Ausführungen zu der Stunde skizzieren nur den Verlauf und zeigen einige Alternativen auf. Die Leserin, der Leser werden so in den nur vom Rahmen her planbaren Verlauf eingestimmt. Es ist wichtig, in der Beobachtungsphase, bei der Entwicklung der Fragestellung, bei der Hypothesenbildung und bei der Konzeption von Experimenten den Schülerinnen und Schülern Zeit zu lassen und ihre Gedankengänge wenig zu leiten; bei der Beschreibung der Versuchsergebnisse und der Deutung kann man das Tempo forcieren.

Der Entwurf ist für zwei Unterrichtsstunden einer 6. Klasse konzipiert.

Der kursive Text ergibt das Tafelbild, das nach und nach in das Heft übertragen wird. Sehen Sie hierzu ein Beispiel der Schülerin Angelika.
 

Beobachtung
 
 
Frosch Ein Fosch ist in einem Eisblock eingefroren. Man projiziert ein Bild (nebenstehende Abb. 2), das einen Frosch, an den Elektroden angeschlossen sind, in einem Eisblock zeigt. Die angeschlossenen Drähte dienen zur Ableitung der Herzschläge. Langsam aufgetaut erwacht das Tier wieder zu normalem Leben (aus /4/).
Obwohl es sich hier um eine"Ersatzbeobachtung" handelt, sind die Schülerinnen und Schüler sehr interessiert und zur Mitarbeit motiviert. Um den Gedankenfluß nicht zu hemmen, sollte man es zulassen, daß sich Beschreibung und Fragen mischen. Meist wird von Schülerseite erwähnt, daß das Tier im Winter durchaus in diese Situation kommen kann /5/. 

Beobachtung : Ein eingefrorener Frosch lebt weiter und überlebt. 

© W.- H. Groenveld
 
Fragestellung

Am Anfang steht das sich Wundern, aus dem sich die konkreten Fragen ergeben :

Lebt das Tier noch ? - ja, das EKG zeigt Herzschläge
Wieso kann es im Eis überleben ?
Woher erhält es Nahrung ? - Vorräte im Körper
Woher erhält es Sauerstoff ?
Wie kann es atmen ?
...

Frage : Wie kann der Frosch atmen ?

 

Hypothesenbildung

Hier ist es wichtig klarzumachen, daß alle Vermutungen geäußert werden sollen und es häufig vorkommt, daß eine vermeintlich ausgefallene Idee sich als richtig erweist bzw. andere auf einen guten Gedanken bringt.

Hypothesen :
Das Tier benötigt keinen Sauerstoff.

Es besitzt einen Sauerstoffvorrat.
Es atmet über die Haut.
...

Es sollte klar sein, daß man alle Hypothesen unvoreingenommen notiert, daß man aber (in der Praxis) aus Tierschutz-, Zeit- und Kostengründen mit der Überprüfung der wahrscheinlichsten beginnt.

 

Experimente

Die Experimente hängen natürlich von den aufgestellten Hypothesen ab. Obwohl es entsprechende Anleitungen gibt /6/, wird man sie selten selbst durchführen. In der Regel werden die folgenden Versuche die Vorschläge der Schülerinnen und Schüler abdecken:

Versuch 1 : kleines Arbeitsblatt nach Abbildung 3 einkleben.
 
Frosch Die Atemfrequenz eines Frosches wird in Abhängigkeit von der Temperatur untersucht (aus /7/). Das kleine Becken mit dem Frosch kann über das Wasserbad, in dem es sich befindet, gleichmäßig temperiert werden. Die Temperatur wird variiert und die Atembewegungen des Tieres werden gezählt. 

Die Versuchsdurchführung und die Ergebnisse können von den Schülerinnen und Schülern beschrieben und gedeutet werden. Falls danach gefragt wird, kann man ergänzend mitteilen, daß die Herzfrequenz sehr niedrig ist ( 1 bis 2 Schläge pro Minute ); die Angaben in der Literatur, die mir vorliegen, sind etwas widersprüchlich /8/ und /9/ und wurden an isolierten Herzen gewonnen. 

 

Abb. 3: Die Atemfrequenz eines Frosches wird in Abhängigkeit von der Temperatur untersucht (aus /7/).

Ergebnis aus Versuch 1 : Bei niedriger Temperatur atmet der Frosch nicht über die Lungen. 

 

Versuch 2 : kleines Arbeitsblatt nach Abbildung 4 einkleben
 
 
 Atemfrequenz eines Frosches Atemfrequenz eines Frosches

Abbildung 4 : Der Frosch ist in einen Drahtkäfig eingeklemmt (nach /10/) und befindet sich in einer wassergefüllten Kammer. Seine Nasenöffnungen reichen über die Oberfläche. Auf der Oberfläche befindet sich ein Ölfilm (rote Linie), der einen Gasaustausch verhindert. Es wird der "Sauerstoffverlust" im Wasser gemessen - einmal bei bewegtem Wasser (blaue Balken) und einmal ohne Rührung (rote Balken).
 

Ein Frosch wird vorsichtig in einen Käfig gebracht, in dem er sich nicht bewegen kann. Er wird so in ein Gefäß mit Wasser (über 15° C) gestellt, daß seine Nasenlöcher gerade in den Luftraum reichen. Auf das Wasser gibt man eine dünne Ölschicht, die jeden Gasaustausch zwischen Luft und Wasser unterbindet. Das Wasser kann über einen Magnetrührer bewegt werden. Im Wasser kann der Sauerstoffgehalt gemessen werden.

Die Versuchsbedingungen sollen von der Lehrkraft anschaulich erläutert werden. Die graphisch dargestellten Ergebnisse sollen von den Schülerinnen und Schülern interpretiert werden. Die Deutung, daß der "verbrauchte" Sauerstoff nur durch die Haut in das Tier verschwunden sein kann, wird leicht von den Schülerinnen und Schülern geleistet. Schwieriger ist es für sie zu erklären, warum das Rühren für den Frosch "günstig" ist. Bevor man eine Serie suggestiver Fragen stellt, sollte man diese Ergebnisse selbst interpretieren.

Ergebnis aus Versuch 2 :
Der Frosch atmet auch über die Haut.

Die Intensität der Hautatmung ist von der Sauerstoffkonzentration abhängig./font>

Versuch 3 : kleines Arbeitsblatt nach Abbildung 5 einkleben
 
Versuch Bei Versuch 2 hat man gleichzeitig die Hautdurchblutung beobachtet. In Abbildung 5 ist die Auswertung mehrerer Untersuchungen dargestellt (im Originaltext ist zusätzlich das mikroskopische Bild der Kapillaren dargestellt, für das keine Erlaubnis zur Veröffentlichung im Internet erteilt wurde). Nachdem man sich vergewissert hat, daß der Untersuchungsablauf klar ist, sollen die Ergebnisse von den Schülerinnen und Schülern interpretiert werden. 

 
 

Abb. 5 : Gleiche Versuchsbedingungen wie bei Abbildung 4 geschildert. Es werden zusätzlich die Kapillaren in den Schwimmhäuten mikroskopisch untersucht und die gefüllten Blutgefäße, ausgezählt. Die Ergebnisse sind graphisch dargestellt (nach /10/).


  Ergebnis aus Versuch 3 : Der Frosch kann die Hautdurchblutung regeln. 
 

Falls es die Zeit erlaubt, kann man die Schülerinnen und Schüler auffordern zu überlegen, welche Bedeutung Falten und kleine Ausstülpungen der Haut (Abbildung 6, hier nicht dargestellt, da sie für die Verwendung im Internet nicht freigegeben wurde) für die Tiere haben.

 

Ergebnisse und Deutung

In einem Unterrichtsgespräch entwickelt man die folgende Zusammenfassung :

Deutung :
Da der Frosch wechselwarm ist, entspricht die Körpertemperatur der Umgebungstemperatur.

Bei niedriger Körpertemperatur sind seine Organe weniger aktiv.
Für die geringe Aktivität ist wenig Sauerstoff nötig - Hautatmung reicht aus.
Bei höherer Temperatur und höherer Aktivität deckt die zusätzliche Lungenatmung den erhöhten Bedarf.

 

Folgerungen

Es werden einige Aspekte, auf die man in einem Unterrichtsgespräch eingehen kann, in knapper Form aufgeführt.

Die Experimente wurden erfreulicherweise ohne Verletzungen der Tiere durchgeführt. Die Sauerstoffversorgung des Frosches wird vielfältig geregelt; es handelt sich um ein hochentwickeltes Tier. Für die Überwinterung sind die Tiere auf einen bestimmten Lebensraum angewiesen. Gewässerbelastungen beeinträchtigen sicher die Tiere, da auch Schadstoffe durch die Haut aufgenommen werden. Das unschädliche Einfrieren klappt nur unter bestimmten Bedingungen und bei bestimmten Temperaturen /5/ und kann nicht auf alle Amphibien übertragen werden. Hautatmung spielt beim Menschen keine Rolle /10/.

 

 

Literatur

/4/ Ditfurth, H.v. et al. : Querschnitte. - Deutscher Taschenbuch Verlag. - München, 1985. - S. 171

/5/ Storey, K.B. et al. : Frozen and Alive. In : Scientific American. - 12 (1990). - S. 62 - 67

/6/ Bühring, E. et al. : Warum können Frösche unter Wasser überwintern ? - In : Unterricht Biologie. - 12 (1979). - S. 27 - 31

/7/ Claus, R. et al. : Natura 1. - Klett. - Stuttgart, 1993. - S. 153

/8/ Bauer, H.C. et al. : Zoologische Experimente. - Deutscher Taschenbuch Verlag. - München 1974. - S. 226

/9/ Prosser, C.L. et al. : Comparative Animal Physiology. - W.B.Saunders. - Philadelphia, 1965. - S. 274

/10/ Feder, M.E. et al. : Hautatmung bei Wirbeltieren. - In : Spektrum der Wissenschaft. - 1 (1986). - S. 86 - 95
 

Übersicht Biologieunterricht zum  Anfang


15. Februar 2000
© B.Bossert